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Wie funktioniert unser Gehirn?

Wer effektiv lernen und sein Gehirn optimal nutzen will, darf zuerst verstehen, wie sein „Denkapparat“ funktioniert.
Im Straßenverkehr können wir auch nur ein Auto richtig steuern, wenn wir wissen, wie Autofahren geht.

Unsere Schaltzentrale "Gehirn":

Unser Gehirn ist die Schaltzentrale allen Tun und Handelns: Unzählige Befehle und Informationen werden täglich verarbeitet: z. B. unser Herzschlag, jeder Atemzug, jede Bewegung, Sehen, Riechen, Hören, Denken, Planen, kreativ sein usw..
100 Milliarden Nervenzellen kommunizieren untereinander.

Lernt der Mensch etwas Neues, werden neue Reize gesetzt, das neuronale Netzwerk verändert sich, es bilden sie neue Verbindungen unter den Nervenzellen, bei Wiederholungen werden sie immer dichter und größer, bei Nichtbenutzung werden sie wieder abgebaut.

Lebenslange Anpassung unseres Gehirns:

Unser Gehirn passt sich ein Leben lang den Anforderungen an: jede Erfahrung, jedes Gefühl, jedes Lernen wird abgespeichert und ist somit einzigartig. Unser Gehirn ist wie ein „Denkmuskel“, Lernprozesse sind wie Besuche im Fitnessstudio, durch regelmäßiges Üben steigt die Gehirnleistung.
Im Hippocampus werden jeden Tag bis ins hohe Alter neue Nervenzellen produziert, z. B. können dadurch nach einem Schlaganfall wieder neue Dinge gelernt werden.
Jede Information wird mit elektrischen Impulsen über die Nervenzellen zu deren Enden = Synapsen geleitet, hier werden dann chemische Botenstoffe (u.a. Dopamin) ausgeschüttet und zur nächsten Synapse bzw. Nervenzelle weitergeleitet.

Informationsverarbeitung im Gehirn:

Die Verarbeitung einer Information im Gehirn läuft in mehreren Arbeitsschritten ab.

 

Ultrakurzzeitgedächtnis:

Im Ultrakurzzeitgedächtnis, auch „sensorisches Gedächtnis“ genannt, wird die Information für einen sehr kurzen Zeitraum von 0,5 – 2 Sekunden abgespeichert und je nach Wichtigkeit gefiltert. Ausprobieren können wir das Ultrakurzzeitgedächtnis, indem wir beim Gehen die Augen schließen, nach ca. 2 Sekunden übermannt uns in der Regel die Angst und wir öffnen wieder unsere Augen.

Kurzzeitgedächtnis:

Anschließend gehen wichtige Neuigkeiten von z. B. Augen/Ohren direkt in unser Kurzzeitgedächtnis, wo sie zwischen nur 20 Sekunden bis 20 Min. (maximal 1 Stunde) gespeichert werden.

Das reicht in der Regel aus um einen Satz aufzuschreiben oder sich kurz eine Telefonnummer zu merken.

Unser Kurzzeitgedächtnis hat allerdings eine Kapazitätsgrenze. Diese Kapazitätsgrenze liegt in der Regel beim Menschen bei 7 +/- 2 Informationseinheiten (z. B. Ziffern).

Die Informationen im Kurzzeitgedächtnis verblassen danach entweder oder sie werden im Langzeitgedächtnis abgelegt.

Langzeitgedächtnis:

Wenn eine Information ins Langzeitgedächtnis will, muss sie einen sehr strengen Wächter „das limbische System“ (in der Mitte unseres Kopfes) passieren. Das limbische System überprüft detailliert, ob die Information wichtig, gut oder schlecht oder wenigstens witzig ist.

Viele Informationen, die nicht diesen Kriterien entsprechen, werden einfach weggeworfen.


Dagegen werden Neuigkeiten, die mit sehr starken Gefühlen wie z. B. Angst oder Spaß verbunden sind, durchgelassen und sofort gespeichert (ohne Wiederholungen).  Das Bild vor jemanden, der uns Angst macht, wird sofort zur Ablage ins Langzeitgedächtnis durchgereicht.


Im Langzeitgedächtnis liegen nicht nur die Daten, die wir gelernt haben, sondern auch alle Fähigkeiten und Erinnerungen, welche wir im Laufe unseres Lebens erworben haben.

Viele wissenschaftliche Studien belegen, dass das Wissen im Langzeitgedächtnis während des Schlafes gefestigt wird.  Der genaue Vorgang ist aber noch unbekannt.

Unglaubliche 3 Eigenschaften unseres Langzeitgedächtnisses:

  • Unbegrenzte Speicherdauer:
    Warum können wir uns dann nicht mehr an alles erinnern? Forscher glauben, dass die Information zwar da ist, aber der Zugang evtl. gelöscht wurde.
  • Unbegrenzte Speicherkapazität:
    Laut Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth von der Universität Bremen könnte unser Gehirn per Kombinatorik eigentlich alles abspeichern, auch jedes Molekül im Weltall, unsere Gedächtnisleistung ist im Prinzip unbegrenzt. Die meisten Menschen nutzen allerdings nur ca. 10 – 20 % ihrer eigentlichen Gehirnleistung, dh. hier gibt es ein erhebliches Verbesserungspotential.
    Wir Menschen dürfen lernen diese unbegrenzten Möglichkeiten mit gehirngerechten Strategien und geeigneten Training nutzbar zu machen.

    Dieses Wissensarchiv des Langzeitgedächtnisses wird verteilt über das ganze Gehirn abgelegt. Hier herrscht große Ordnung. Wir denken in Kategorien und die Informationen werden auch in solchen „Schubladen“ abgelegt.
  • Kurze Abrufzeit:
    Wir wissen in der Regel mit großer Sicherheit in Sekundenbruchteilen, ob wir die Antwort auf eine Frage kennen oder nicht.

 

Schlussfolgerungen aus obigen Erkenntnissen:

  • Neue Informationen sollten mit vorhanden Kategorien verknüpft werden. Sind keine vorhanden dürfen wir neue anlegen.
  • Langweilt uns ein Thema (evtl. ein Lernstoff in der Schule), so haben es diese Informationen besonders schwer an unserem Wächter vorbeizukommen.
    Dh. Motivation trägt viel zum Lernerfolg bei.
  • Lernen kann nicht delegiert werden, man muss selber tun.
  • Jedes Gehirn ist aufgrund seiner gemachten Erfahrungen einzigartig. Und jedes Gehirn arbeitet daher auch anders.
  • Gehirngerechtes Lernen und Gedächtnisaufbau ist eine Frage der richtigen Strategie.
  • Hören wir auf unser Gehirn zu benutzen, dh. machen wir immer nur Dinge, die wir bereits kennen und automatisiert haben, werden Gehirnstrukturen abgebaut und somit Alterung und Krankheiten Tür und Tor geöffnet.

Es geht also darum: 

Wir dürfen ein Leben lang aktiv und beweglich bleiben - für ein möglichst langes, gesundes und liebenswertes Leben!